Vorurteile gegen Windelfrei und warum sie Quatsch sind

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Heute möchte ich dich mit den 11 häufigsten Vorurteilen gegen Windelfrei konfronierten.

Wer schon mal von Windelfrei gehört hat oder es gar praktiziert wird auch von ihnen nicht verschont bleiben.

Da kann es hilfreich sein, sich in Ruhe mit ihnen auseinanderzusetzen und sich klar zu machen, was hinter den einzelnen Vorurteilen steckt.

Hier kommen die 11 häufigsten Vorurteile

1. Babys brauchen Windeln

Windeln gehören für viele zu einem Baby wie Schnuller und Milchfläschchen. Doch ist es wirklich so dass Babys diese Dinge benötigen oder sind es nicht eher die Eltern, die sie brauchen? Erfahre mehr zur Geschichte der Windel in meinem Beitrag “Babys und Windeln – wie alles begann“.
 

Wenn wir uns in anderen Teilen der Welt umsehen, wird schnell klar, dass es Regionen gibt, in denen es keinen uneingeschränkten Zugang zu Einwegwindeln gibt. Ausscheidungs-Kommunikation ist dort selbstverständlicher Teil der Babypflege. Babys in Windeln ist zu auch ein kulturell geprägtes Bild.

2. Der Schließmuskel von Babys funktioniert noch nicht

Als Begründung dafür, dass Babys Windeln brauchen, wird oft angeführt, dass sie nicht in der Lage wären, ihren Schließmuskel zu kontrollieren. Dies wurde aber in einer Studie widerlegt. In diesem Versuch wurde Babys auf die gefüllte Blase gedrückt.

Anders als erwartet, konnten die Forscher:innen jedoch keinen Urin herausdrücken. Die Babys hielten “dicht”. Mit anderen Worten: der Schließmuskel funktioniert auch schon bei den Kleinsten.

3. Windelfrei funktioniert nicht

Ob Windelfrei funktioniert, hängt in großem Maße davon ab, was unter den Begriffen Windelfrei und trockensein verstanden wird. Hier kursieren nämlich die verschiedensten Annahmen und stiften Verwirrung. Wir müssen uns fragen, wann wir Ausscheidungskommunikation als erfolgreich bezeichnen und ab wann wir von trockensein sprechen.
 
Wenn du unter Windelfrei verstehst, dass ein Kind niemals Windel tragen darf und alle Ausscheidungen aufgefangen werden müssen, wirst du vermutlich bald enttäuscht, mindestens aber sehr gestresst davon sein. Beide Annahmen sind ein häufiger Grund, warum das Projekt Windelfrei aufgegeben wird.
 
Windelfrei wie ich es verstehe, bedeutet bloß, dass du deinem Kind die Möglichkeit gibst, Zeiten ohne Windel zu verbringen und es dabei unterstützt seine Ausscheidungen auch außerhalb der Windel zu machen. Klingt viel machbarer, nicht wahr?
 
Das gleiche Phänomen existiert beim Thema “Trockensein”. Manche Windelfreieltern erzählen stolz, ihr einjähriges Baby sei trocken und stiften damit, ohne, dass sie es wollen Verwirrung. Unter “trockensein” stellen sich die meisten Eltern vor, dass ein Kind den Toilettengang selbstständig vollziehen kann und somit keine Windel mehr braucht.
 
Also übertreiben die Windelfreieltern mit ihrer Aussage? Nein, denn sie sprechen vom “assistierten Trockensein”. Denn natürlich kann ein Einjähriges noch nicht alleine die Hose ausziehen. Dabei sind nach wie vor die Eltern gefragt. “Assistiertes Trockensein” ist dann erreicht, wenn das Kind mit Unterstützung außerhalb der Windel ausscheidet und in einer Woche mehr gelungene Manöver als Pannen zu verzeichnen sind.
 
Du siehst also, vieles ist eine Frage der Definition und schwierig wird es immer dann, wenn unterschiedliche Grundannahmen getroffen werden und man das nicht bemerkt. Kleiner Spoiler: Beim Thema Durchschlafen gibt es das gleiche Problem…

4. Windelfrei ist eine Art Töpfchentraining

Manche Kritiker:innen setzen Windelfrei und Ausscheidungskommunikation mit Töpfchentraining gleich. Warum das nicht so ist, kannst du in meinem ultimativen Guide zur Ausscheidungskommunikation nachlesen.

5. Windelfrei ist Konditionierung

Wenn es also kein Töpfchentraining ist, ist es dann nicht zumindest eine Konditionierung und somit eine Manipulation des Kindes? Diese Sorge ist unbegründet. Eine Konditionierung liegt dann vor, wenn ein Schlüsselreiz so mit einer Reaktion verknüpft ist, dass auf den Reiz unweigerlich die Reaktion hervorgerufen wird.
 
Beim Abhalten machen viele Eltern zwar einen sogenannten Schlüssellaut. Dieser kann aber nicht mit dem Schlüsselreiz gleichgesetzt werden, denn das würde bedeuten, dass das Baby daraufhin keine Wahl hätte und sich entleeren müsste.
 

Wer schon ein Baby abgehalten hat weiß, egal wie häufig man die Abläufe übt: Ein Kind, das nicht muss oder nicht will, wird nicht ausscheiden. Egal ob der Schlüssellaut ertönt oder nicht. Die Babys haben also letztendlich die Entscheidungsgewalt über ihre Körperfunktion und können diese sogar aktiv unterdrücken, wenn sie sich zum Beispiel in einer Position unwohl fühlen.

6. Windelfrei führt zu einer Überbetonung der Ausscheidung

Okay, es ist kein Training und keine Konditionierung, aber führt es dann nicht trotzdem zu einer Überbetonung dieser Körperfunktion?
 
Wenn es richtig durchgeführt wird, ist das nicht der Fall. Jedoch kann es im Einzelfall vorkommen, dass Eltern einen gewissen Ehrgeiz entwickeln, der nicht zuträglich ist. Woran merkst du, ob du es gerade übertreibst? Wenn du an nichts anderes mehr denkst, als an die Ausscheidungen deines Kindes, bist du etwas übers Ziel hinausgeschossen.
 
Wie du mit diesem inneren Druck umgehen kannst, erfährst du im Kapitel “Erste Hilfe bei Problemen

7. Windelfrei ist viel Arbeit

Es ist weder mehr, noch weniger Arbeit, sie ist nur anders verteilt: Das Popo Saubermachen entfällt, stattdessen hältst du das Kind ab. Eine Grafik mit Erläuterung dazu findest du in meinem Guide zur Ausscheidungskommunikation.

8. Windelfrei ist nur was für Mütter, die nichts zu tun haben

Wer sagt denn, dass es nur die Mütter sind, die sich um die Babypflege kümmern? Genau wie beim Wickeln können hier alle miteinbezogen werden, die engeren Kontakt zum Kind habe: Oma, Opa, große Geschwister und eine aufgeschlossene Betreuungsperson! Wer Wickeln lernen kann, kann auch abhalten lernen!

9. Windelfrei funktioniert nur wenn es warm ist

Dahinter verbirgt sich ein weiterer Irrglaube. Tatsächlich halten sogar die Inuitmütter ihre Babys bei Minusgraden ab. Entscheidend ist hier die richtige Ausstattung und Kleidung. Die Kinder sollen auf keinen Fall frieren, aber sie sollen auch leicht auszuziehen sein.

10. Windelfreie Babys machen überall hin

Die meisten Kinder, die Ausscheidungskommunikation erleben, tragen trotzdem Windeln oder sogenannte Back-ups. Diese verhindern, dass gleich alles unter Wasser steht. Außerdem achten die Eltern auf die Signale und halten das Kind ab, wenn es mal muss. Manche Kinder holen sogar selbst das Töpfchen herbei.
 

“Pannen” gehören dazu, sind aber seltener als bei Kindern, die das Bewusstsein über ihre Ausscheidungen verloren haben. Bei anderen Kindern gibt es die Pannen einfach später, wenn sie lernen, aufs Töpfchen zu gehen.

11. Babys sollten niemals Windeln tragen

Es ist gar kein Problem, Kindern auch Windeln anzuziehen. Windeln haben ihre Berechtigung als Back-up und zur Entlastung der Eltern. Ausscheidungskommunikation funktioniert auch mit Windeln. Wichtig ist dabei, die Ausscheidungen nicht einfach der Windel zu überlassen, sondern trotzdem auf dein Babys zu achten.
 
Wenn es mal muss, wird die Windel ausgezogen und beiseite gelegt. Dann wird das Baby abgehalten. Anschließend kann die Windel wieder angelegt werden. Wenn es aber gerade stressig ist oder du ein Signal übersiehst, dann landet es in der Windel und das ist auch in Ordnung.

 

Windelfreie Zeiten sind zwischendurch trotzdem sehr empfehlenswert, weil sie deinem Kind andere Körpererfahrungen ermöglichen. Es ist aber deine Entscheidung wann und wie lange dein Kind unten “ohne” ist.

Mehr zum Thema findest du in meiner Rubrik Ausscheidungskommunikation.

Wenn du etwas über die Vorurteile gegenüber Langzeitstillen lesen möchtest, empfehle ich dir meinen Beitrag dazu.

Sind dir in deinem Alltag schon mal diese Vorurteile begegnet? Oder hast du sogar andere Vorurteile kennengelernt? Teile sie mit uns in den Kommentaren!

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